Donnerstag, 24. Januar 2013

Walter X Lesetourtagebuch - Tag 2

Wir waren drei an der Zahl, Sersch der Kirgise, Max mit dem Gesamtwerk Kafkas im Bücherschrank und ich, der Autor, doch die Masse der KIT-Studenten, die hinter Skripten und Laptopbildschirmen versteckt ihr Studium auf die Reihe zu bekommen versuchten, war schier endlos und was als lustigklingender Literaturschlonz angekündigt war, das artete schon bald in eine handfeste Sauferei aus. 


Es war Tag 2 der Lesetour im Dienste der Veröffentlichung von "Die Abenteuer des Walter X" und ich war froh, dass im winterwettergestraften Karlsruhe wieder Trambahnen verkehrten, die funkenschlagend unter den vereisten Oberleitungen entlangzischten und mich zumindest bis zum Kronenplatz brachten. Von dort waren es noch wenige hundert Meter bis zum AKK, doch direkt am Eingang zum Campus des Karlsruhter Instituts für Technologie erlebte ich mein erstes persönliches Waterloo des Abends, als ich mich auf einer komplett gefrorenen Schräge wiederfand und weder vorwärts noch rückwärts konnte, ohne dabei zu riskieren, mich mitsamt meiner nicht wenig wertvollen Ladung an Büchern im Rucksack ordentlich auf die Schnauze zu legen. Ich umging die Eisfläche weiträumig und fand mich zehn Minuten später in bereits beschriebener Szenerie inmitten des AKKs wieder. Aaron Schmitt erzählte mir eine Stunde darauf, dass er bei Ankunft auf dem Campus ein verzweifeltes Mädchen mithilfe ihres Schals von der Eisfläche retten musste. So glatt war es an diesem Sonntagabend. Und so schlecht standen die Vorzeichen zur Lesung. 

Es war kurz vor 19 Uhr und immerhin war die Tafel vor dem AKK aktualisiert worden und immerhin bekam ich dieses grüne Festivalbändchen, das mir Freibier bescherte--
--von dem ich bereits das erste trank, ein Höpfner Kräusen aber ungeschüttelt, während um mich herum Sersch und Max fieberhaft mit Stühlen, Tischen und Besen hantierten, ich mich auf die Couch geflüchtet hatte und meinen Leseteil vorbereitete.  

Der bärtige Typ mit den langen Haaren machte dann noch die Technik inklusive zwei Hängeboxen, Funkmikrofon und verschiedenfarbigen Spotlights vorbildlich klar, die Vortragenden mit Anhang trafen nach und nach ein. Erst kam AARON SCHMITT, Retter in Not, dann kamen Kerstin, (die diesen schönen neuen Brot&Kunst-Frauenpulli trug, von dem ich leider kein Foto habe) Viktor und R.S. STRAUB, der Ehrengast des Abends. Als ich schon nicht mehr damit gerechnet hatte, traf ziemlich durchfroren RICARDO VERA ein und es wurde beschlossen, den Abend um 20:30 Uhr beginnen zu lassen, während ich mit geschnorrtem Drehtabak eine Zigarette rauchend draußen vor dem Eingang auf etwas mehr Besucher wartete. Absagen hatte ich bereits bekommen, auch konnte ich  mir denken, dass zusätzlich viele von den Witterungsverhältnissen abgeschreckt die Wärme der eigenen vier Wände vorzogen. 


Immerhin war bedeutend mehr los als beim letzten Sonntag und es gab eine Bar und das Verlagsbanner hing stolz an der Wand hinter dem Lesesessel: 

(seht wie stolz das Banner hängt und bewundert auch die farbliche Ausgewogenheit zwischen 
Strahler und Tapete, die der ehrenamtliche Tontechniker zustande gebracht hat.)

AARON SCHMITT eröffnete den Abend--


--und trug unter anderem seinen Text über die Hände vor, den es auch in einer kleinformatigen Broschüre (die sich zusammen mit den darin enthaltenen Zeichnungen von ihm ganz hervorragend ausnimmt) zu erstehen gab. Er trug noch zwei weitere Texte vor und das Publikum war sehr angetan, dann war R.S. STRAUB an der Reihe und trug, inspiriert von seinem Vorredner, einen ungeschriebenen Text über sein ungeborenes Kind quasi freestyle aus dem Stehgreif vor:


Es folgten eine Lyrics aus einer unlängst vollendeten Gedichtsammlung in englischer Sprache, dann erbat sich der Speyerer Dichter eine Pause und ich sicherte ihm zu, dass er später erneut vortragen könne, bevor RICARDO VERA das Mikrofon übernahm. 



Dieser trug zahlreiche Texte aus seiner Anthologie "Darksides of Life" vor (für deren ISBN-Nummer, wie er mir im Nachhinein erzählte, er alleine 80 EUR bezahlen musste, haltet euch das mal vor Augen) Seine deutsch-spanische, vom Leben und Leiden in Mexiko-Stadt geprägte Lyrik verfehlte auch diesmal ihre Wirkung nicht und stimmte den gesamten Raum nachdenklich stumm (nur die alberne Partymusik vom in der angrenzenden Halle stattfindenden Tanzkurs lief fast schon respektlos weiter).

Im Anschluss kündigte ich eine kurze Pause an und auf dem Weg zwischen nächstem Bier und nächster Zigarette entdeckte ich einen Hund: 



Der Hund schlief friedlich und man gab mir versehentlich ein Weizenbier, das ich aber aus Dankbarkeit und da bereits geöffnet nicht wieder zurückgeben wollte, das aber verheerende Konsequenzen für den restlichen Abend haben sollte. 

Ich begann alsbald meinen Teil des Abends und verzettelte mich wie so oft erst einmal bei meiner improvisierten Eröffnung, hielt es für warum auch immer für sinnvoll, zu erwähnen, dass vor der Lesung ein junger Mann an mich herangetreten sei und wissen wollte, um was es eigentlich in dem Roman gehe (denn er konnte sich leider die Lesung nicht mehr anschauen, war arg im Zeitdruck), ich es ihm aber nicht erklären konnte. Irgendwann rief R.S. STRAUB das einzig Sinnvolle und es war "Fang doch einfach an" und so fing ich einfach an. Doch ich hatte schlafende Hunde geweckt und das Tier stieg auf den Couches herum, winselte, kam zu mir an den Lesesessel getrottet, wollte gestreichelt werden und bellte dann sogar, als sein vermeintlicher Besitzer es zu sich auf den Schoß nehmen wollte (vielleicht wollte der Hunderäuber es auch klauen und das Tier rief verzweifelt um Hilfe). 

Derlei ging mir durch den Kopf und ich war recht abgelenkt davon, schaffte es aber dennoch ohne allzuviele Verleser das knapp vierzigminütige Programm hinter mich zu bringen, verabschiedete dann das Publikum, hatte natürlich die vorher getroffene Abmachung mit R.S. STRAUB vergessen, bat das Publikum dann, noch ein wenig zu bleiben und ließ ihn ans Mikrofon, auf dass er seine restlichen Lyrics lesen konnte. Danach die zweite Verabschiedung und die Aufforderung, bei Gefallen doch ein paar Münzen in dem von Showpraktikant Viktor herumgetragenen metaphorischen Hut (meiner eigentlichen Wintermütze) zu hinterlassen und es fanden sich sogar knapp über 10 EUR darin, von denen ich 8 EUR dem Speyerer Kommittee für Spritkosten übergab, nur um eine halbe Stunde später zu merken, dass mir der Rest nicht mehr für einen Döner reichen würde. Ich trank noch ein Bier und lief dann mit Sersch und dessen Mitbewohner zum Marktplatz, dort aß ich mit geliehenem Geld ganz prächtig bei Burger King und nach einer  kurzen Verabschiedung und einer letzten überflüssigen Zigarette musste ich mich noch kurz übergeben, bevor ich dem eigentlich sehr unterhaltsamen Tag ein Ende setzte, indem ich einschlief. 





Shoutouts gehen raus an 
Sersch für den Service und die Betreuung, 
Max Minter für die planerische Umsicht und die Raumdekoration, 
den bärtigen langhaarigen Tontechniker für die hervorragende Arbeit, 
alle Vortragenden und insbesondere die Gäste aus Speyer, 
meinen Vertretungsmanager Viktor
und an die Assel(n).

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