Mailand
Mich vor unliebsamer Arbeit drückend
schaute ich das Fußballderby Mailands
über einen arabischen Internetstream
Und wie sich da
Minuten vor Anpfiff
in eisiger Stille
gleich Soldaten kurz vor einer Schlacht
rote und blaue Uniformen regungslos gegenüberstehen,
wie der tätowierte Materazzi mit dem Irokesenschnitt
sich mehrmals bekreuzigt,
und der harte kindergesichtige Rumäne
seinen Helm festschnallt,
der bärtige, tretende Gattuso und
Slatan Ibrahimovic,
stolze Adlernase und das lange Haar offen,
voller Verachtung den Gegner anstarren,
da kommt mir das Ganze
nicht mehr wie ein Spiel vor.
Und ich lenke mich von zu viel Drama ab,
denke an den weißen Dom,
wie er ruhig und erhaben in der Nacht liegt,
ganz so wie Mark Twain ihn
vor mehr als einem Jahrhundert
vorgefunden haben muss.
Als noch keine Betrüger
Schwärme von Touristen belagerten
und noch kein buckliger Krüppel
mit Krücken und Brasilientrikot,
das pechschwarze Haar lang im bulligen Nacken,
der Oberkörper gestählt von Jahren der Gehhilfen,
vor der Kirche stand
und einen Ball jonglierte,
wie an einem Apriltag vor drei Jahren.
Und als Ibrahimovic nun von Materazzi
auf Kosten eines Elfmeters gefoult wird
und ihn anschließend verwandelt,
da frage ich mich,
ob der Bucklige
den schwachen Schuss gehalten hätte.
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